Wußtest Du, dass wir mit der Zunge nur sehr wenige Geschmacksrichtungen erkennen können?

Die Sinneszellen für Süßes, auch Süßrezeptoren genannt, sitzen ganz vorne auf der Zunge. Das ist praktisch beim Eis Essen. Wenn man das Eis leckt, ist sofort der angenehme Eindruck von Süße auf der Zunge. Falls Du Dich einmal gefragt haben solltest, warum die Gläser für Süßwein so schmal sind, haben wir die Antwort: trinkt man aus einem schmalen Glas, dann strömt die Flüssigkeit ganz vorne auf die Zunge, wo die Süßrezeptoren sitzen! Da in der Evolution des Menschen süße und damit energiereiche Nahrung selten war, hat sich wohl durchgesetzt, dass die Süßrezeptoren als erstes mit der Nahrung in Kontakt kommen. Bei Kontakt mit Süßem wird sofort das Belohnungssystem im Gehirn aktiviert, was tiefgreifende Folgen haben kann, aber das ist eine andere Geschichte.

Die weiteren Geschmackssinne auf der Zunge haben ebenfalls als Erstmeldesystem für genießbare und wertvolle Nahrung ihre Funktion. Diese sind: salzig, sauer, bitter und umami.

Salz war Mangelware und unsere Vorfahren haben jede Gelegenheit genützt, am weißen Gold zu naschen. Der bittere Geschmackssinn hingegen hat wahrscheinlich vor dem Verzehr giftiger Nahrung geschützt. Stark bitter schmeckende Substanzen werden z.B. eingesetzt, um Alkohol zu vergellen. Andererseits haben Bitterstoffe eine positive Wirkung wie zB das Anregen des Gallenflusses.

Die Sauerrezeptoren haben die Menschen vor unreifen Früchten gewarnt. Aber ähnlich wie bei Bitterstoffen, die wir im Kaffee oder in alkoholischen glycosidischen Kräuterextrakten, vulgo Kräuterlikören, durchaus schätzen, genießen wir durchaus eine leichte Säure. Nach dem Motto „sauer macht lustig“ darf es gerne einmal ein Tequila mit Salz und Zitrone sein. Oder ein Corona mit Limette. Gesundheitsbewußte können den Essig im Salt auch einmal durch Zitronensaft ersetzen. Das muss jeder selber wissen.

Kürzlich wurde umami den Grund-Geschmacksrichtungen hinzugefügt. Dabei hat umami gar keinen wirklichen Geschmack. Es läßt sich mit „fleischig“ umschreiben und entfaltet seine Wirkung vor allem in Speisen. Entdeckt wurde es als die Substanz, die in der japanischen Miso Suppe (übersetzt „Wasser Suppe“) dem fad schmeckenden Tofu doch noch einen gewissen Geschmack gibt. Umami kommt in einer Algenart vor, die in der Miso Suppe nicht fehlen darf. Es handelt sich dabei übrigens um Glutamat. Aber nicht nur in Algen kommt Glutamat natürlich vor, es wird weltweit von vielen professionellen und Hobby Köchen und Köchinnen genutzt, nämlich im Parmesan. Die weißen Flecken sind Eiweiße, die während der Reifung ausgefallen sind. Also, sie wurden nicht ungebührlich und wurden daher aus dem Verband des Parmesan Käseteiges gnadenlos verbannt, sondern der Entzug des Wassers führt dazu, dass sich die Eiweiße und deren Bausteine, die Aminosäuren, nicht mehr in Lösung halten können und daher flocken sie aus und mangels anderer Möglichkeiten bilden sie den weißen salzigen Niederschlag. Und Glutamat bildet einen bedeutenden Anteil daran. In Kombination mit Tomaten und Champions entfaltet sich die Geschmacksverstärkende Wirkung besonders gut, was vielleicht mir erklärt, warum die italienische Küche weltweit so große Erfolge feiert. Es liegt also nicht nur an der Erinnerung an den letzten Urlaub mit den schönen Sonnenuntergängen am Strand, sondern an den natürlichen Geschmacksverstärkern. Übrigens ist Hefe ebenfalls eine gute Quelle für Glutamat, was uns die Rückkehr aus dem Urlaub wieder verträglich macht, wenn wir unser erste Hefeweizen genießen.

Es wird auderzeit spekuliert, dass wir auf der Zunge Fette und komplexe Kohlehydrate diffus erkennen. In Kombination mit diversen genetischen Varianten könnte dies zum Beispiel gewisse Präferenzen für Ernährungsformen mit beeinflussen. Dazu aber in einem späteren Artikel mehr. Vielleicht gibt es darin auch noch mehr Informationen zu anderen noch nicht anerkannten Geschmacksrichtung.

Obwohl es schon einige gute Daten gibt, die Fett- und Kohlehydratrezeptoren auf der Zunge vermuten lassen, haben sie es noch nicht in den Stauts der anerkannten Geschmacksrichtungen geschafft. Merke: ich sagte (nicht) anerkannt!

Einen großen Schritt vorwärts aber hat ein anderer Geschmackssinn gemacht. Er ist vor allem in Skandinavien beliebt, wo Salzlakritz sehr beliebt ist. Zum Salzen wird Ammoniumchlorid verwendet. In einer aktuellen Studie wurden die Rezeptoren identifiziert, mit denen wir Ammoniumchlorid schmecken. Dieses Salz nützt die Sauerrezeptoren und aktiviert sie. Das legt nahe, dass die Menschen Ammoniumchlorid auf der Zunge als Schutzmechanismus konserviert haben. Ammonium ist in größeren Mengen giftig und tritt als Produkt bei diversen giftigen Substanzen auf. Auch hier ist wohl der Kick des Gefährlichen der Reiz für den Konsum dieses Salzes.
Es bleibt nur noch zu hoffen, dass im Surströming keine Substanz entdeckt wird, für die wir einen Rezeptor auf der Zunge haben.

Übrigens: das Schmecken der feinen Aromen findet in der Nase statt! Deshalb schmecken wir bei Schnupfen fast nichts, weil dann das Riechepithel verschleimt ist und die Aromen nicht an die Rezeptoren heran kommen.

Literatur:
Sixth Kind of Taste Identified in Popular Scandinavian Food
https://www.technologynetworks.com/neuroscience/news/sixth-kind-of-taste-identified-in-popular-scandinavian-food-379603